Haushaltsrede 2023

Krise, Krise, Krise, explodierende Baukosten und wachsende Aufgaben.

Liebe Mitglieder und Freunde der Freien Wähler,

jedes Jahr vor Weihnachten legt Peter Kleinmagd mit seinem Team vom Fachbereich Finanzen den Haushaltsplan für das nächste Jahr vor. Darin enthalten sind alle Einnahmen und Ausgaben der Stadt sowie die Investitionen in Straßen, Kanäle und städtische Gebäude wie Schulen, Kindergärten und Rathäuser. Mit der Haushaltsrede nehmen die Fraktionen dazu Stellung und stecken ihre Positionen für das kommende Jahr ab. Für was hat die Stadt Geld, was ist uns wichtig und was können wir uns nicht mehr leisten? Im Folgenden nun die Rede der Freien Wähler zum Haushalt 2023, die am Donnerstag, den 15 Dezember 22 um 18:00 Uhr im Gemeinderat vorgetragen wurde:

Anrede:

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin,
geschätzte Mitarbeitende der Verwaltung,
liebe Kollegen im Gemeinderat,
verehrte Bürgerschaft,

liebe Presse,

Aktuelle Lage

Wir schreiben bald das Jahr 2023 und es ist Krieg in Europa.

Zwischen Pandemie und Klimakrise hat das niemand gebraucht.

Die Front ist weit weg und doch treffen uns die Auswirkungen.

Energie wird knapp und wieder kommen Menschen, die vor Krieg flüchten und eine Bleibe suchen. Zudem explodieren Baukosten, manchmal fehlen Handwerker samt Material und die Bürokratie von Bund und Land kennt auch kein Limit.

Wenn ich letztes Jahr noch sagte die Probleme sind hausgemacht, so wird selbst diese Aussage von der Realität überholt. Denn auch wenn Krisen in den letzten Jahrzehnten eher der Normalfall waren, so ist dies nun wirklich ein Ausnahmezustand.

Wir sind froh, dass Herr Kleinmagd mit seinem Team vorsichtig plant.

Ohne die eingeplanten Puffer wäre die Lage noch viel schlimmer.

Einnahmen

Und wie jedes Jahr weisen wir Freie Wähler darauf hin, dass die Einnahmen nicht das Problem sind. Vor allem der Gemeindeanteil an der Einkommenssteuer wächst steil nach oben. Die Gewerbesteuer schwankt durch die Krisen, erreichte aber 22 einen Rekordwert.

Gewerbe

Weitere Erhöhungen der Steuern sind undenkbar. Denn auch Bürger und Unternehmen kämpfen mit den Auswirkungen der Krisen. Eine Steigerung der Einnahmen ist nur durch weiteres Gewerbe möglich.

Die Ideen zum Gewerbegebiet Lauffenmühle sind überzeugend. Im Gewerbegebiet Brombach Ost siedeln sich bereits Unternehmen an, was zu Einnahmen führt.

In jeder Krise wird es Gewinner und Verlierer geben und ein Mix aus unterschiedlichem Gewerbe macht uns Krisenfest.

Ausgaben

Wenn wir in Zukunft wieder einen ausgeglichenen Haushalt haben wollen, müssen die Ausgaben sinken.

Kultur & Soziales

Im sozialen und kulturellen Bereich gab es bereits schmerzhafte Kürzungen, die nun bestehen bleiben. Nur der Zuschuss für den Burghof wird nicht angetastet, was außerhalb politischer Kreise auf Unverständnis stößt.

Allerdings sei erwähnt, dass der neue Geschäftsführer des Burghofs einen anderen Stil pflegt als sein Vorgänger. Der Burghof kooperiert nun stärker mit anderen Akteuren der Stadtgesellschaft und rechtfertigt somit den hohen Zuschuss. Wir müssen jedoch aufpassen, dass durch die zunehmende Ungleichbehandlung, Kulturbetriebe nicht vom Burghof verdrängt werden.

Träger sozialer und kultureller Einrichtungen sowie die Vereine, leisten gerade in Krisenzeiten eine sehr wichtige Arbeit für den gesellschaftlichen Zusammenhalt.

Vor allem aufgrund der Maßnahmen zur Corona-Eindämmung haben psychische Belastungen stark zugenommen. Vandalismus, Extremismus, Sucht, Mobbing und Depressionen sind die logische Folge von Kürzungen im sozialen und kulturellen Bereich.

Dabei sind die Beträge die gekürzt wurden für den städtischen Haushalt eher Peanuts. Eingesparte Beträge von 800 €/Jahr, werden uns nicht helfen Investitionen in Millionenhöhe zu finanzieren.

Viele Probleme im sozialen und kulturellen Bereich ließen sich auch durch eine veränderte Organisation lösen. Viele Träger arbeiten in Gebäuden, die der Stadt gehören. Die Stadt ist jedoch an die bürokratische Vergabeordnung gebunden und somit unflexibel und teuer. Viele Träger könnten selbst schneller und günstiger in ihre Gebäude investieren. Kommunikation und Verträge müssen dahingehend angepasst werden, um auf allen Seiten Geld und Personal zu sparen.

Baukosten

Doch alleine die Zunahme der Bewirtschaftungskosten für städtische Gebäude frisst die Kürzungen im sozialen Bereich innerhalb weniger Monate auf. Leider nicht nur bei den alten Gebäuden, sondern auch im Neubau.

Die Behauptung der Verwaltungsspitze man könne durch hohe Baukosten niedrige Bewirtschaftungskosten erkaufen, fällt spätestens hier in sich zusammen.

Baukosten müssen im Detail auf den Prüfstand!

Auf den von uns geforderten Vergleich der Bauprojekte mit dem Baukostenindex, warten wir vergeblich.

Wenn wir im sozialen und kulturellen Bereich Kleinstbeträge einsparen so lohnt es sich im Hochbau jeden Bodenbelag, jeden Fensterrahmen und jeden Wandanstrich nach günstigeren Lösungen zu überprüfen.

Denn verzichten können wir auf kein einziges Bauprojekt der nächsten Jahre.

Schulentwicklung

Von dem einst aufwändigen Schulentwicklungsplan haben wir fast nichts umgesetzt. Die ausführlich debattierten Prioritätenlisten besitzen offenbar keinerlei Gültigkeit. Die Verwaltung wird von Notwendigkeiten getrieben.

Hellbergschule und HTG waren fest eingeplant und werden wieder vertröstet, weil ganz plötzlich die Tumringer Schule saniert werden muss. Jetzt soll die Werkrealschule in die Neumattschule wo wir ursprünglich mal ein 3. Gymnasium geplant hatten.

Dieser Zustand ist unzumutbar und darf nicht schöngeredet werden!

Wenn unsere Beschlüsse keine Verlässlichkeit haben können, müssen wir das auch den Betroffenen sagen.

In Zukunft dürfen Planungen keinen Optimalzustand ohne Betrachtung der Machbarkeit darstellen. Sonst wecken wir Ansprüche, die wir nicht erfüllen können.

Neben der Sanierung der Schulen brauchen auch Werkhof und Feuerwehr neue Standorte. Denn Schulen haben zwar höchste Priorität, müssen aber auch in Stand gehalten und im Brandfall gelöscht werden.

Damit wir uns alle Investitionen leisten können, muss bei einzelnen Bauprojekten vielleicht der ein oder andere Raum weichen.

Wir haben sowohl bei der Fridolinschule, als auch bei der Außengestaltung der Albert Schweizer Schule gesehen, dass deutlich günstigere Planungen möglich sind.

Rathaus

Beim Rathaus werden aktuell 70 Millionen € für eine Sanierung und rund 100 Millionen für einen Neubau geschätzt. Wir begrüßen, dass nun alle Varianten von Abriss bis Neubau ergebnisoffen geprüft werden. Auch ein Umzug an den jetzigen Standort der Kreisklinik oder andere Varianten sind denkbar. Doch die hohen Kosten sind nicht tragbar.

Zuschüsse werden nur einen kleinen Teil der Kosten decken, denn auch Bund und Land haben mit den finanziellen Auswirkungen der Krisen zu kämpfen.

Über die Fassade wurden wir sehr ausführlich informiert. Viel wichtiger ist mit welchem Aufwand das Betontragwerk heutige Statik-Vorschriften einhalten kann. Darauf sind wir gespannt. Ob Sanierung, Abriss oder Umzug – die Zukunft des Rathauses ist nur finanzierbar, wenn eine Variante deutlich günstiger wird.

Und nicht zuletzt gehört die Sanierung alter Gebäude zu den besten Klimaschutzmaßnahmen – viel Effizienter als die LED-Weihnachtsbeleuchtung um 2 Wochen zu verkürzen.

Personal

Um Bauvorhaben und Sanierungen durchführen zu können, müssen offene Stellen im Hochbau besetzt werden, bevor ständig neue Stellen geschaffen werden.

Gutes Personal ist wichtig und muss gut bezahlt werden. Beim Kampf um Fachkräfte will das niemand bestreiten.

Doch wenn wir selbst in Krisenjahren immer noch weitere Stellen schaffen muss geprüft werden, welche Stellen wirklich benötigt werden.

Dass dies für 2023 getan wurde sieht man dem Stellenplan an. Einige Stellen wurden gestrichen und es wurden weniger neue Stellen geschaffen als von den Fachbereichen gewünscht.

Das hat in der Verwaltung sicher keine Feierstimmung ausgelöst – ist aber notwendig.

Auffallend sind die zusätzlichen Stellen für die Bearbeitung des Wohngeldes und beim Fachkräfteeinwanderungsgesetz.

Bund und Land erfinden zusätzliche Aufgaben, die von den Kommunen nicht mehr leistbar sind. Dabei gab es z.B. beim Wohngeld bessere Lösungen, mit weniger Verwaltungsaufwand.

Der Städtetag muss hier deutlicher werden, um weitere bürokratische Auswüchse zu stoppen. Andernfalls können Kommunen die Vorgaben bald nicht mehr umsetzen.

Denn noch mehr Personal kann weder gefunden noch bezahlen werden. Ein Großteil der erfahrenen Fachkräfte geht in Rente und weniger junge kommen nach.

Digitalisierung

Allerdings sind die jungen mit den neuen Medien aufgewachsen und verstehen die Gefahren und Chancen. Wenn die Digitalisierung richtig gemacht wird, senkt sie den Personalbedarf.

Spricht man mit Menschen aus der Ukraine, wird bewusst wie Rückständig wir sind. Ukrainer haben ihre Daten auf ihrem Handy und wählen welche Daten sie einer Behörde übermitteln wollen.

In Deutschland rennen sie von Amt zu Amt und füllen jedes Mal die selben Daten in Papierformulare, die nicht selten verloren gehen.

Wohnbau

Und nicht nur Menschen aus dem Ausland kommen zu uns, sondern auch Menschen vom Land drängen in die Stadt und alle die schon hier wohnen wollen immer mehr Wohnfläche.

Wohnraum wird also dringend benötigt.

Ob private Eigentümer Wohngebäude bauen und sanieren, hängt auch von der Kundenfreundlichkeit des Baurechts ab. Diese hat sich in den letzten Jahren verbessert, hat aber noch Potential.

Um die steigenden Mieten zu bremsen, dürfen die Anforderungen an den Wohnungsbau nicht weiter steigen. Wer neue Auflagen und Standards erfindet und dazu die Grundsteuer erhöht, darf sich über steigende Mieten nicht wundern.

Einen weiteren Effekt auf Mietpreise und den Klimaschutz hat auch die Größe der Wohnungen. Kleinere Wohnungen sind günstiger und verbrauchen weniger Energie. Bei Bühl III wurde dieser Zusammenhang bereits erkannt und umgesetzt.

Bei zukünftigen Bebauungsplänen ist darauf zu achten im Tal kleinere Wohnungen mit weniger Parkplätzen zu planen, dafür auf den Hügeln mit etwas mehr. Denn eine klimafreundliche Mobilität ohne Auto ist z.B. in der Nordstadt einfacher zu erreichen, als auf dem Salzert oder auf dem Bühl.

Die neue Mitte Nordstadt wurde mit weniger Parkplätzen pro Wohneinheit geplant. Das ist richtig, denn auch Tiefgaragen erhöhen die Baukosten und führen zu hohen Mieten.

Mobilität

Die Nordstadt ist relativ gut mit dem ÖPNV angebunden doch die Verkehrsplanung insgesamt hat Verbesserungspotential.

Auf das geforderte Verkehrskonzept warten wir bisher vergeblich.

Auch die Tram-Studie lässt auf sich warten.

Die Bus-Linienführung ist undurchsichtig und muss vor allem in der Innenstadt dringend entknotet werden. Wenn Menschen vom Auto auf den ÖPNV umsteigen sollen, muss dieser alltagstauglich sein.

Auf keinen Fall sollten wir unsere Innenstadt weiter vom Verkehr abkoppeln. Wenn die Innenstadt weder mit dem Auto noch mit dem Velo erreichbar und der Busverkehr chaotisch ist, dann bleiben die Kunden weg. Da helfen auch keine planwirtschaftlichen Eingriffe.

Schlusswort

Insgesamt werden wir dem Haushaltsplan zustimmen. Denn wir sehen die Notwendigkeiten unter denen er aufgestellt wurde.

Und wir sehen, dass nun auch in anderen Fraktionen und in der Verwaltung explodierende Baukosten und Bürokratieabbau thematisiert werden.

Klar ist auch, dass für Prestigeprojekte und Symbolpolitik kein Platz mehr ist.

Wir wünschen allen ein frohes Weihnachtsfest, ein erfolgreiches sowie gesundes neues Jahr und hoffen, dass Lörrach auch die neuste Krise übersteht.

Vielen Dank!

Für die Fraktion der Freien Wähler
Matthias Lindemer