Wahl am Sonntag, 23.Februar 2025
Am kommenden Sonntag steht die Bundestagswahl an. Wir appellieren an alle Wahlberechtigten, ihr Stimmrecht wahrzunehmen. Ziel muss es sein, Abgeordnete in den Bundestag zu wählen, die sich nachhaltig für die Belange der Städte und Gemeinden einsetzen.
Podiumsdiskussion zur Bundestagswahl 2025: Kandidat*innen debattieren über Kommunalfinanzen und Migration

Am 12. Februar haben wir eine Podiumsdiskussion zur Bundestagswahl veranstaltet, um den Bürger*innen eine fundierte Wahlentscheidung zu ermöglichen. Die Kandidat*innen der Parteien lieferten sich eine lebhafte Debatte über kommunale Finanzen und Migration – zwei drängende Themen, die die Region besonders bewegen.
Kandidat*innen stellen sich vor
Auf dem Podium standen die Direktkandidat*innen der wichtigsten Parteien oder ihre Vertreter*innen:
- CDU: Stefan Glaser (34), Vertriebsstratege, betonte die Bedeutung praktischer Erfahrung in der Politik und kritisierte, dass Deutschland in den letzten Jahren deutlich unter seinen Möglichkeiten regiert worden sei.
- SPD: Julian Wiedmann (39), Gewerkschaftssekretär, setzt sich für diejenigen ein, die keine starke Lobby haben, und fordert eine spürbare Entlastung für Gering- und Normalverdiener*innen sowie Familien.
- AfD: Volker Kempf sprach stellvertretend für den nicht anwesenden Kandidaten Näger.
- Grüne: Jasmin Ateia (42), Büroleiterin einer Landtagsabgeordneten, hob die Notwendigkeit eines besseren Einwanderungssystems hervor.
- FDP: Jutta Frasch, erfahrene Diplomatin, sprach für den Kandidaten Amir Isamili und bezeichnete die FDP als „liberales Gegengewicht“.
- Linke: Marcell Menzel (33), Sozialarbeiter, forderte eine stärkere soziale Absicherung, bezahlbare Mieten und eine gerechtere Steuerpolitik.

Finanzielle Belastung der Kommunen
Den Auftakt der Diskussion bildete die angespannte finanzielle Lage der Kommunen. Besonders kontrovers wurde die Frage diskutiert, warum der Bund den Städten und Gemeinden zunehmend Aufgaben überträgt, ohne für eine angemessene finanzielle Ausstattung zu sorgen.
- Jasmin Ateia (Grüne) erklärte, dass die Anforderungen an die Kommunen gestiegen seien, da sich vieles verändert habe. Verwaltungsangestellte müssten gut ausgebildet und fair entlohnt werden. Sie plädierte für eine Reform der Schuldenbremse, um Infrastrukturprojekte besser finanzieren zu können, und forderte eine stärkere Digitalisierung in den Verwaltungen.
- Julian Wiedmann (SPD) sprach von einem „systemischen Fehler“ in der Finanzierung der Kommunen: „Wer bestellt, muss auch zahlen.“ Wenn der Bund mehr Kita-Plätze fordere, müsse er auch die Kosten übernehmen.
- Jutta Frasch (FDP) hielt dagegen, dass die Schuldenbremse „absolut notwendig“ sei, um den Staatshaushalt zu begrenzen. Sie forderte eine effizientere Mittelverwendung.
- Marcell Menzel (Linke) hingegen sprach sich klar für eine Abschaffung der Schuldenbremse aus: „Wenn der Bund Aufgaben vorgibt, muss er sie auch finanzieren.“ Kommunen bräuchten mehr Handlungsspielraum.
- Stefan Glaser (CDU) sah die Hauptproblematik in einer Überregulierung. Die Baukosten seien durch Bürokratie und zahlreiche Klimaschutzauflagen enorm gestiegen. Kommunen müssten finanziell ausgestattet sein – aber mit Sinn und Verstand. Er sprach sich für den Erhalt der Schuldenbremse aus und kritisierte die wachsende Zahl an Verwaltungsstellen.
Migration und ihre Herausforderungen
Ein weiteres zentrales Thema der Debatte war die Migrationspolitik, insbesondere die Regulierung an den EU-Außengrenzen und deren Auswirkungen auf Deutschland und die Region.
- Kempf (AfD) kritisierte die Stellungnahmen von Kirchen und Unternehmen zur Migration: Das seien nicht die Stimmen der Bürger, sondern der Funktionäre. Er sprach von einer „Hypermoral“, die Deutschland überfordere.
- Jasmin Ateia (Grüne) betonte die Notwendigkeit einer gemeinsamen europäischen Lösung. Deutschland habe zwar ein Fachkräfteeinwanderungsgesetz, doch es fehle ein transparenter legaler Weg für nicht hochqualifizierte Arbeitskräfte wie Reinigungskräfte oder Handwerks-Azubis. Sie forderte die konsequente Umsetzung des europäischen Asylsystems (GEAS) bis 2026, inklusive Verfahren an den EU-Außengrenzen.
- Stefan Glaser (CDU) hob die Bedeutung der Grenzkontrollen hervor. Seit Monaten gäbe es Kontrollen zwischen Deutschland und der Schweiz. Wenn jemand in Italien ankäme, durch die Schweiz reise und dann in Deutschland Asyl beantrage, laufe etwas schief. Er forderte die konsequente Einhaltung geltender EU-Regeln.
- Jutta Frasch (FDP) unterstrich die Notwendigkeit geregelter Migration. Deutschland brauche eine geordnete Zuwanderung, um den Fachkräftemangel zu bewältigen. Gleichzeitig dürfe es keine irreguläre Zuwanderung in das Sozialsystem geben, da dies die Kommunen überfordere.
- Marcell Menzel (Linke) stellte klar, dass Deutschland Verantwortung für Geflüchtete trage. 60 % der Asylanträge werden genehmigt, nach Klagen steige die Zahl auf 70 %. Wir müssten in Integration investieren – wenn sich Menschen hier wohlfühlten, blieben auch qualifizierte Fachkräfte. Er forderte mehr Unterstützung für Vereine, die sich gegen Rassismus engagieren.
- Julian Wiedmann (SPD) warnte vor einer zunehmenden gesellschaftlichen Spaltung. Die Art, wie wir über Migration sprechen, sei entscheidend. Wer Migranist, bleibt Migrant – egal woher. Wir müssen das Gespräch versachlichen.
Fazit
Die Podiumsdiskussion zeigte eindrucksvoll, wie unterschiedlich die Ansätze der Parteien in den zentralen Fragen der Kommunalfinanzen und Migration sind. Während einige Kandidat*innen für eine Reform der Schuldenbremse und eine stärkere Unterstützung der Kommunen plädierten, betonten andere die Notwendigkeit solider Haushaltsführung. Auch in der Migrationspolitik wurden klare Gegensätze deutlich – zwischen Forderungen nach restriktiveren Maßnahmen und dem Plädoyer für mehr Integration und legale Einwanderungsmöglichkeiten.
Am Ende bleibt die Entscheidung bei den Wähler*innen: Welche Partei bietet die überzeugendsten Lösungen für die Zukunft unserer Städte und Gemeinden? Die Bundestagswahl am Sonntag gibt ihnen die Möglichkeit, mit ihrer Stimme Einfluss zu nehmen.
Publikumsfragen
1. Frage an Ateia:
Die Grünen haben in Baden-Württemberg oft als Vermittler zwischen SPD und FDP fungiert. Sollte eine solche Mediation nicht besser auf Bundesebene erfolgen? Wäre es nicht sinnvoll, die Bürger direkt über Themen wie die Schuldenbremse entscheiden zu lassen?
Antwort Ateia:
Bürgerbeteiligung ist wichtig und bereits durch Instrumente wie Bürgerräte vorgesehen. Die Ampelkoalition ist aus mehreren Gründen zerbrochen – nicht nur aufgrund einzelner Streitpunkte. Eine Dreierkoalition bringt immer besondere Herausforderungen in der Abstimmung mit sich.
2. Frage an Glaser & Ateia:
Bildung ist die Grundlage für Wohlstand, Demokratie und Freiheit. Was werden Sie konkret tun, um die Integration durch Bildung zu verbessern? Welche Maßnahmen setzen Sie zur Steigerung der Bildungsqualität um, insbesondere im Hinblick auf das schlechte Abschneiden Deutschlands in PISA-Studien? Wird genug Geld in Bildung und Forschung investiert?
Antworten:
- Ateia: Bildung ist in erster Linie Ländersache. Der Bund kann finanzielle Mittel bereitstellen, aber nicht über Lehrpläne oder Stellenverteilungen entscheiden. Baden-Württemberg hat z. B. Studienplätze für pädagogische Berufe erhöht und ermöglicht Quereinsteigern den Lehrerberuf. Ein verpflichtendes Vorschuljahr und frühe Sprachförderung sind ebenfalls zentrale Maßnahmen.
- Glaser: Ich stimme zu. Besonders an Grundschulen sehen wir Probleme im sprachlichen Niveau vieler Schüler. Ein verpflichtendes Vorschuljahr ist entscheidend.
- Wiedmann: Deutschland braucht einheitliche Bildungsstandards. Der Bund sollte eine stärkere Rolle übernehmen, insbesondere bei der Ausbildung pädagogischer Fachkräfte. Einheitliche Betreuungsstandards fehlen bisher völlig.
- Frasch: Wir brauchen ein Zentralabitur. Schulen und Kitas sollten zudem mehr Entscheidungsfreiheit über die Verwendung ihrer Mittel erhalten.
- Menzel: Es sollte mehr Investitionen in Hochschulen geben, um die Zahl der Studienplätze zu erhöhen – etwa im Bereich Medizin, wo wir Ärztemangel auf dem Land haben. Zusätzlich brauchen wir Mentoring-Programme für Studierende aus Nicht-Akademikerfamilien.
- Kempf: In der frühkindlichen Bildung sollte nicht allein das Lernen im Vordergrund stehen. Bindung zu Bezugspersonen, insbesondere Müttern, ist essenziell. Krippenbetreuung birgt auch Risiken, die nicht übersehen werden dürfen.
3. Frage an Glaser:
Sie plädieren für ein strikteres Vorgehen an den Grenzen, um Recht und Ordnung zu gewährleisten. Wie rechtfertigen Sie das angesichts der Tatsache, dass viele Geflüchtete aus Kriegsgebieten oder vor politischer Verfolgung fliehen? Steht Recht und Ordnung für Sie über Menschenrechten?
Antwort Glaser:
Es geht nicht darum, Geflüchtete gar nicht aufzunehmen, sondern darum, Migration in geordnete Bahnen zu lenken. Grenzschutz bedeutet zu wissen, wer in unser Land kommt und wer es wieder verlässt. Wir müssen unsere humanitären Verpflichtungen erfüllen – aber aktuell sind wir nicht mehr in der Lage, Menschen angemessen unterzubringen. Die Lösung liegt in einem besseren europäischen Verteilungssystem.
4. Frage an Kempf (von einem AfD-Vertreter):
Herr Näger ist heute nicht anwesend. Wie qualifiziert ist er für sein Amt, wenn er sogar von der AfD selbst als Vorgesetzter der Jungen Alternative abgesetzt wurde?
Antworten:
- Kempf: Herr Näger hat einige Semester Jura studiert, arbeitet als Berater im Landtag und ist Kreissprecher. Seine Nominierung steht fest – er ist heute krank, das lässt sich nicht ändern.
- Glaser: Demokratie bedeutet, sich der politischen Auseinandersetzung zu stellen. Vertreter anderer Parteien sind anwesend und stellen sich den Fragen – wer sich entzieht, zeigt damit sein Demokratieverständnis.
5. Frage an Kempf und Frasch:
Laut einer Statistik ist die Kriminalität gestiegen, insbesondere im Zusammenhang mit Zuwanderung. Welche Maßnahmen schlagen Sie vor, um für mehr Sicherheit im öffentlichen Raum zu sorgen?
Antworten:
- Kempf: Verschiedene Kulturkreise mit unterschiedlichen Werten führen oft zu Konflikten. Wir brauchen konsequente Abschiebungen bei Straftaten.
- Frasch: Der Rechtsstaat muss Straftaten konsequent verfolgen und bestrafen.
6. Frage an Ateia:
Gewalt gegen Frauen ist ein großes Problem. Jeden dritten Tag stirbt in Deutschland eine Frau durch Partnerschaftsgewalt. Welche Maßnahmen plant Ihre Partei gegen Femizide?
Antworten:
- Ateia: Das neue Gewalthilfegesetz ist ein wichtiger Schritt. Zusätzlich brauchen wir mehr Schutzräume wie Frauenhäuser und Präventionsmaßnahmen, etwa verpflichtende Aggressionstrainings für Männer.
- Wiedmann: Ich habe selbst eine Freundin durch Partnerschaftsgewalt verloren. Es ist überfällig, dass wir als Gesellschaft stärker hinschauen.
7. Frage an Befürworter der Atomenergie:
Energiepreise steigen, doch Atomkraftwerke wurden abgeschaltet. Warum setzen Sie nicht auf Kernkraft, um die Strompreise zu senken?
Antworten:
- Glaser: Der Ausstieg aus der Kernkraft vor dem Kohleausstieg war ein Fehler. Neue Technologien wie „Small Modular Reactors“ könnten eine Lösung sein.
- Ateia: Solche Reaktoren sind erst in 30+ Jahren marktreif – das hilft uns kurzfristig nicht.
- Kempf: Wir brauchen grundlastfähige Energie, egal ob mit oder ohne Atomkraft.
8. Frage an Kempf:
Wie sehen Sie die zukünftigen Beziehungen zwischen Deutschland und Russland?
Antworten:
- Kempf: Wir müssen mit allen Staaten im Gespräch bleiben. Das Ende der Gaslieferungen hat Deutschland mehr geschadet als Russland.
- Frasch: Putin führt einen Angriffskrieg und ist ein Kriegsverbrecher. Eine Partnerschaft mit ihm ist nicht möglich – wir müssen die Ukraine stärker unterstützen.
9. Frage an Wiedmann:
Der Koalitionsvertrag sieht den Bau von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr vor, aber die Zahlen sinken. Welche Maßnahmen planen Sie, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen – auch für Migranten?
Antwort Wiedmann:
Es gibt oft genügend finanzielle Mittel, aber es scheitert an der Umsetzung auf Landesebene. Besonders junge Menschen, Azubis und Studierende brauchen bezahlbaren Wohnraum.
10. Frage an Glaser:
Soll Deutschland die Verteidigungsausgaben weiter erhöhen?
Antwort Glaser:
Ja, wir müssen verteidigungsfähig werden. Die Bundeswehr braucht eine bessere Ausstattung, um das 2%-NATO-Ziel zu erfüllen.
11. Frage an Wiedmann:
Wie kann es gelingen, dass mehr Ärzt*innen sich für eine Tätigkeit im ländlichen Raum entscheiden und langfristig in Lörrach bleiben?
Antworten Wiedmann: Es geht nicht nur um Ärzt*innen, sondern auch um Pflegefachpersonal. Wir müssen größere finanzielle Mittel bereitstellen, um die medizinische Versorgung konkurrenzfähig zu halten – insbesondere im Vergleich zur Schweiz, wo die Löhne deutlich höher sind.
12. Frage an Ateia:
In der Vergangenheit wurde günstiger Atomstrom genossen, ohne die Problematik des Atommülls zu berücksichtigen. Heute gibt es ähnliche Bedenken bei der Windkraft, da ausrangierte Rotorblätter aus giftigen Verbundstoffen bestehen. Warum wird darüber kaum gesprochen, und wie ist der aktuelle Stand?
Antwort Ateia:
Ich habe mich am 10. Oktober mit Skeptiker*innen getroffen, die genau diese Bedenken geäußert haben. Moderne Windräder sind inzwischen fast vollständig recycelbar. Außerdem ist der Abfall von Windkraftanlagen nicht mit dem hochradioaktiven Müll aus Atomkraftwerken vergleichbar – für diesen haben wir bis heute keine endgültige Lösung.
13. Frage an Frasch, Wiedmann und Ateia:
Wie kann die Pflegebranche nachhaltiger organisiert werden?
Antworten:
- Frasch: Viele Krankenhäuser gehören großen Konzernen und werden kommerziell betrieben. Warum soll unser neues Zentralklinikum dann vom Landratsamt geführt werden? Hier müssen wir an den Strukturen ansetzen.
- Wiedmann: Wenn jemand Profit mit einem Krankenhaus machen will, spart er an anderer Stelle – meist auf Kosten der Patient*innen. Arbeitnehmerüberlassungen verursachen das 2,8-fache an Personalkosten, die nicht erstattet werden. Der Pflegeschlüssel hat sich zwar verbessert, aber es gibt noch viel zu tun. Eine Privatisierung, wie Frasch sie anstrebt, wäre fatal.
- Ateia: Wir sollten uns an anderen Ländern orientieren. Während der Pandemie wurden plötzlich viele Dinge digital möglich. Warum nicht dauerhaft? In Ägypten gibt es ärztliche Beratungen per WhatsApp-Videoanruf. Das könnte Kliniken entlasten. Zudem braucht es eine dezentrale, wohnortnahe Gesundheitsversorgung.
14. Frage an Ateia und Glaser:
Die Grundsteuerreform in Baden-Württemberg sorgt für Kritik. Sie wird als kleine Entlastung für wenige und hohe Belastung für viele gesehen. Sind Sie bereit, sie nachzubessern?
Antworten:
- Ateia: Wir haben in Baden-Württemberg bewusst ein einfaches Modell auf Basis des Bodenrichtwerts gewählt. Eine Alternative wäre ein bürokratisches Monster gewesen. Die Grundsteuer bleibt für Kommunen aufkommensneutral – es wird nicht mehr oder weniger eingenommen als zuvor, sondern nur anders verteilt. Wenn einige jetzt mehr zahlen, heißt das, sie haben vorher zu wenig gezahlt.
- Glaser: Ich sehe das kritisch – auch in Bezug auf meine eigene Partei. Viele Menschen haben ihr Leben lang für ihr Haus gespart und werden nun im Alter belastet. Es gibt verschiedene Modelle, aber bei Härtefällen rate ich dazu, sich juristisch beraten zu lassen und mit den Kommunen über Anpassungen zu sprechen.
Schlussrunde: Soziale Gerechtigkeit und wirtschaftlicher Aufschwung
Zum Abschluss der Podiumsdiskussion wurden die Kandidat*innen gebeten eine oder beide der folgenden Fragen zu beantworten:
- Wie wollen Sie den sozialen Ausgleich in Deutschland verbessern?
- Welche Maßnahmen planen Sie, um die deutsche Wirtschaft wieder anzukurbeln?
Antworten:
- Stefan Glaser betonte die soziale Verantwortung seiner Partei und verwies auf deren christlich-soziale Werte. Niemand dürfe zurückgelassen werden, und die Schwächsten müssten abgesichert sein. Gleichzeitig sehe er eine große Gefahr darin, dass die Wirtschaft nicht mehr wachse – dies gefährde langfristig den Wohlstand. Besonders der Mittelstand, das Handwerk und die Gewerbetreibenden seien das Rückgrat der Gesellschaft, doch viele von ihnen erwägten bereits, ins Ausland abzuwandern. Seine Partei setze sich daher für Bürokratieabbau, Steuererleichterungen und bessere wirtschaftliche Rahmenbedingungen ein. Deutschland habe weiterhin großes Potenzial, um wirtschaftlich wieder zu erstarken.
- Julian Wiedmann hob hervor, dass sozialer Zusammenhalt seit der Gründung seiner Partei ein zentrales Anliegen sei und auch heute noch oberste Priorität habe. Die aktuellen Herausforderungen – vom Klimawandel über den Ausbau erneuerbarer Energien bis hin zu sozialer Gerechtigkeit – müssten gemeinsam bewältigt werden. Besonders Menschen mit niedrigen Einkommen dürften bei diesem Wandel nicht abgehängt werden. Die gezielte Förderung der Wirtschaft sowie konkrete Maßnahmen für eine sozial gerechte Transformation seien essenziell. Deutschland verfüge über zahlreiche kluge Köpfe, deren Potenzial genutzt werden müsse, um eine nachhaltige und soziale Zukunft zu gestalten.
- Kempf kritisierte, dass die ursprünglich erfolgreiche soziale Marktwirtschaft der 1950er Jahre mittlerweile überdehnt worden sei. Eine starke Wirtschaft sei die Grundlage für den Sozialstaat – nur wenn es der Wirtschaft gut gehe, könne auch sozialer Ausgleich funktionieren. Arbeit müsse sich wieder lohnen, und es sollten Anreize zur Eigenverantwortung geschaffen werden. Besondere Sorgen bereiteten ihm die steigenden Energiekosten, die durch hohe Steuern zusätzlich belastet würden. Dies schade der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen. Zudem sei es wichtig, in der Technologieentwicklung offen zu bleiben, etwa im Bereich der Wasserstofffahrzeuge, die aktuell noch zu teuer seien.
- Jasmin Ateia betonte, dass wirtschaftlicher Erfolg und sozialer Frieden direkt mit dem Erreichen der Klimaziele verknüpft seien. Während China und die USA auf den Weltmarkt drängten, liege Europas Chance darin, die Wirtschaft klimaneutral umzugestalten. Dies könne nicht nur zu niedrigeren Energiekosten für Industrie und Verbraucherinnen führen, sondern auch einen Wettbewerbsvorteil durch nachhaltige Produkte schaffen. Um den Umstieg zu erleichtern, müssten Bürgerinnen und Kommunen stärker eingebunden werden. Zudem müsse Klimaschutz sozial gerecht gestaltet werden, etwa durch einen fairen CO₂-Preis, der über ein Klimageld ausgeglichen werde. Ein weiteres Problem sehe sie in der strukturellen Benachteiligung von Frauen in der Arbeitswelt: Frauen verdienten weiterhin weniger als Männer, könnten oft nicht so viel arbeiten, wie sie möchten, und übernähmen den Großteil der unbezahlten Care-Arbeit. Hier bestehe dringender Handlungsbedarf.
- Jutta Frasch sprach sich für eine stärkere Rolle der Marktwirtschaft aus und argumentierte, dass der Staat sich auf das Setzen der richtigen Rahmenbedingungen beschränken solle. Unternehmen müssten entlastet werden, um international wettbewerbsfähig zu bleiben. Bürokratieabbau, steuerliche Entlastungen für Unternehmen und Bürger*innen sowie mehr Investitionen in Forschung und Innovation seien notwendig, um die Wirtschaft wieder zu stärken. Zu viele staatliche Eingriffe könnten hingegen das Wachstum hemmen.
- Marcell Menzel wies darauf hin, dass die Wirtschaft in den vergangenen Jahren stark unter Krisen wie der Pandemie und dem Ukraine-Krieg gelitten habe. Viele Menschen hätten weniger Geld zur Verfügung oder seien in einem Zustand wirtschaftlicher Unsicherheit, weshalb sie weniger ausgäben. Daher brauche es Maßnahmen zur Stärkung der Kaufkraft, etwa eine Erhöhung des Mindestlohns, die Streichung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel und Hygieneprodukte sowie einen Mietendeckel zur Sicherung bezahlbaren Wohnraums. Gleichzeitig müsse Deutschland unabhängiger von externen Einflüssen wie Strafzöllen der USA oder Energieimporten aus Russland werden. Eine sozial gerechte Wirtschaftspolitik müsse sicherstellen, dass alle Menschen in Deutschland ein gutes Leben führen können.
Wir bedanken uns herzlich bei Matthias Zeller für die hervorragende Moderation – mit seiner souveränen Gesprächsführung hat er die Diskussion bereichert und auf den Punkt gebracht.

Foto, von links: Matthias Zeller, Matthias Lindemer, Jörg Müller, Volker Kempf, Stefan Glaser, Jutta Frasch, Marcell Menzel, Jasmin Ateia, Julian Wiedmann, Ralf Matje, Nils Baumann, Arndt Finkelmann, Manoah Horváth.